Schwangerschaftsdiabetes – was ist das?
Ärzte nennen einen Schwangerschaftsdiabetes auch Gestationsdiabetes und verstehen darunter eine Blutzuckerstoffwechselstörung. Es handelt sich nur dann um wirklichen Schwangerschaftsdiabetes, wenn die Stoffwechselstörung während der Schwangerschaft in Erscheinung getreten ist (also wenn nicht bereits vorher eine Diabeteserkrankung bestand).2
Diabetes: Was war das gleich noch einmal?
Bei Diabetes mellitus – so der vollständige Name – ist die Produktion beziehungsweise Verarbeitung des Hormons Insulin im Körper gestört, sodass der durch die Nahrung aufgenommene Zucker (Glukose) nicht richtig verwertet werden kann. Das macht sich etwa durch einen hohen Blutzuckerspiegel bemerkbar, der für den Arzt beispielsweise mithilfe einer Blutentnahme feststellbar ist. Folgende Diabetes-mellitus-Formen werden unterschieden:
- Typ-1-Diabetes: Autoimmunerkrankung, bei der ein Mangel an Insulin entsteht, weil das eigene Immunsystem insulinbildende Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört.3
- Typ-2-Diabetes: Diese Form tritt typischerweise aufgrund von Übergewicht, Bewegungsmangel und fettreicher Kost in Erscheinung. Die Problematik besteht beim Typ-2-Diabetes darin, dass die Körperzellen nicht mehr ausreichend auf Insulin reagieren und/oder die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüsenzellen gestört ist.4
Üblicherweise klingt der Gestationsdiabetes nach der Geburt des Kindes von allein wieder ab. Damit ist diese Art der Zuckerkrankheit eine Sonderform und weder einem Typ-1 noch einem Typ-2-Diabetes zuzuordnen.5
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Schwangerschaftsdiabetes: Typische Symptome
Eine Schwangere selbst kann einen bestehenden Diabetes nur schwer erkennen, da die typischen Symptome — wie vermehrter Harndrang oder großer Durst — in der Regel fehlen oder nur sehr gering ausgeprägt sind. Für die zuverlässige Diagnose benötigt es Untersuchungen wie einen Blutzuckertest durch den Arzt. Zudem weisen folgende Anzeichen, die meist während der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen vom Arzt erkannt werden, auf einen Schwangerschaftsdiabetes hin:
- ein übermäßiges Wachstum beziehungsweise ein zu hohes Gewicht des Fötus
- eine gesteigerte Menge an Fruchtwasser
- Bluthochdruck
Auch Harnwegsinfekte oder Entzündungen im Genitalbereich können vermehrt auftreten, da der erhöhte Zuckerspiegel, der auch im Urin vorherrscht, Pilzen und Viren optimale Bedingungen zur Vermehrung bietet.
Wie wirkt sich ein Gestationsdiabetes auf Mutter und Kind aus?
Zu den denkbaren Folgen eines unentdeckten beziehungsweise unbehandelten Schwangerschaftsdiabetes zählen unter anderem diese:
- Fehlbildungen des kindlichen Herzens
- verzögerte Lungenreife beim Ungeborenen6
- Präeklampsie (Erkrankung der Mutter mit starkem Bluthochdruck)
- starkes Wachstum des Kindes (und aufgrund dessen Geburtskomplikationen)
Der erhöhte Zuckerspiegel im Blut der Mutter wird direkt auf das Baby übertragen. Aus diesem Grund wächst es häufig zu schnell und legt ordentlich an Gewicht zu (Makrosomie), was wiederum Probleme bei der Geburt mit sich bringen kann — wie beispielsweise eine Schulterdystokie. Darunter verstehen Mediziner ein Hängenbleiben der kindlichen Schulter im Becken seiner Mutter — eine der gefürchtetsten Komplikationen in der Geburtshilfe. Damit es in diesem Fall nicht zu einer Sauerstoffunterversorgung des Babys kommt, müssen es Ärzte beziehungsweise Hebammen mit Mitteln wie speziellen Drehmanövern schnellstmöglich aus dem Körper der Mutter holen. Hierbei sind Geburtsverletzungen bei Kind (beispielsweise ein Oberarmbruch) und Mutter möglich.
Bei schwangerschaftsbedingtem Diabetes besteht des Weiteren ein erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie.5 Diese Schwangerschaftserkrankung, deren genaue Ursache noch nicht ganz geklärt ist, löst bei der Schwangeren Symptome wie etwa erhöhter Blutdruck, vermehrte Ausscheidung von Eiweiß über den Urin oder Wassereinlagerungen aus. In schweren Fällen kann die Präeklampsie auch zu Schäden an Nieren und Leber führen.
Gut zu wissen:
Frauen mit Gestationsdiabetes tendieren dazu, im Laufe der Jahre auch an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken.7
Und auch die Kinder betroffener Frauen neigen zu Übergewicht und Diabetes im Verlauf ihres weiteren Lebens. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit dafür noch höher, wenn die Zuckerkrankheit nicht bemerkt wird beziehungsweise die Behandlung der Schwangeren ausbleibt.7
Diagnose: Wie kann der Mediziner Schwangerschaftsdiabetes erkennen?
Diagnostizierbar ist Schwangerschaftsdiabetes mithilfe eines Zuckertests, der im Rahmen der allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen vom Gynäkologen durchgeführt wird. Am Tag des Tests erhält die schwangere Frau eine Glukoselösung (enthält 50 Gramm Traubenzucker) zu trinken. Eine Stunde später wird ihr Blut abgenommen, um den darin enthaltenen Blutzuckerwert im Labor zu ermitteln.8
Wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch ist (ab 135 Milligramm pro Deziliter Blut), folgt ein zweiter Test — der orale Glukosetoleranztest (oGTT). Dabei muss die werdende Mutter nüchtern erscheinen und noch etwas mehr Glukose (75 Gramm) aufnehmen, als beim ersten Test.9 Zu Beginn der Untersuchung sowie jeweils nach einer und nach zwei Stunden,10 wird ihr nun Blut entnommen und der Blutzucker gemessen. Bei erhöhten Werten kann nach diesem zweiten Test dann davon ausgegangen werden, dass ein Schwangerschaftsdiabetes besteht.
Die Blutzuckerwerte sollten beim Glukosetoleranztest (oGTT) nicht höher sein als:
- 92 Milligramm Zucker pro Deziliter Blut (mg/dl) – Blutabnahme im nüchternen Zustand
- 180 mg/dl – eine Stunde nach dem Trinken der Glukoselösung
- 153 mg/dl – zwei Stunden nach dem Trinken der Glukoselösung9
Seit 2012 gehört ein Zuckertest beim Frauenarzt zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche zu den Kassenleistungen.11 Die Schwangeren müssen dafür also nicht selbst bezahlen. Bei Risikopatientinnen wird der Zuckertest für gewöhnlich bereits in der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt und — falls die Werte zu diesem Zeitpunkt normal waren — in der 32. Bis 34. Schwangerschaftswoche wiederholt.12
Die Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes
Werdende Mütter mit der Diagnose Gestationsdiabetes sollten nicht verzweifeln. Denn glücklicherweise ist die Stoffwechselerkrankung gut behandelbar. Zu den Möglichkeiten gehören unter anderem diese:
So müssen mit Behandlung von 100 Schwangeren lediglich 7 ein zu schweres Baby13 (normal wäre in der 40. Schwangerschaftswoche eine Geburtsgewicht von etwa 3.500 Gramm14) gebären. Im Gegensatz dazu bekommen – ohne therapeutische Maßnahmen – 16 Frauen ein zu schweres Kind.11
Aha!
Für Frauenärzte besteht die Option, ihre Patientinnen an einen Diabetologen – Experte in Sachen Diabetes – zu überweisen. Dieser erläutert individuell geeignete Behandlungsoptionen, wie eine Umstellung der Ernährung.
Was dürfen Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes essen?
Es ist möglich, den Blutzuckerspiegel über die Ernährung zu senken. Es lässt sich jedoch nicht pauschal für jede Betroffene sagen, welche Lebensmittel am geeignetsten sind. Oftmals wird Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes aber nahegelegt, folgende Tipps bei ihrem Speiseplan zu beachten:
- weniger Kohlenhydrate (bevorzugt Vollkornprodukte)
- ausreichend Ballaststoffe (etwa in Form von Gemüse und Obst)
- genügend Eiweiße (zum Beispiel fettarme Milchprodukte)
Darüber hinaus haben sich
- drei Hauptmalzeiten sowie
- zwei kleine Zwischenmalzeiten bewährt.15
Da ein ausgewogenes Verhältnis aller notwendigen Nährstoffe gerade in der Schwangerschaft besonders wichtig ist, empfiehlt sich eine Ernährungsberatung beim Frauenarzt oder Diabetologen beziehungsweise Ernährungsberater.
Behandlung durch Bewegung
Manche Betroffene schaffen es durch Bewegung – auch in Kombination mit einer Ernährungsumstellung – ihre Blutzuckerwerte herabzusetzen. Jedoch eignet sich nicht für jede Frau dieselbe Bewegungsform. Denn keine Schwangerschaft gleicht exakt der anderen.
So sind einige werdende Mamas beispielsweise weniger belastbarer als andere, weil sie mit Rückenbeschwerden zu kämpfen haben. Es lohnt sich daher, ein Beratungsgespräch zum Thema geeignete Sportarten mit einem Frauenarzt oder einer Hebamme zu führen. Oftmals empfehlen Experten dabei sanfte Sportarten wie:
- Fahrradfahren
- Schwimmen
- Spazierengehen
Bewährt in Sachen Schwangerschaftsdiabetes haben sich übrigens Bewegungseinheiten von 3 Mal 30 Minuten pro Woche.13
Schwangerschaftsdiabetes: Therapie mit Insulin
Wenn sich die Blutzuckerwerte trotz mehr Bewegung oder einer Ernährungsumstellung nicht bessern, raten Mediziner ihren Patientinnen häufig zur Behandlung mit Insulin-Spritzen. Da sich die werdende Mutter in der Regel selbst die benötigte Dosis an Insulin spritzen soll, erhält sie üblicherweise vorab eine Schulung. Wo und mit wem diese stattfindet, erläutern der behandelnde Arzt. Die Schwangere erfährt bei der Einweisung unter anderem
- wie die Spritze gesetzt wird,
- wie viele Spritzen sie pro Tag benötigt,
- wie sie ihren Blutzucker selbst messen kann und
- bei welchen Werten sie welche Dosis an Insulin verabreichen muss.
Aufgrund dessen, dass sich bei den meisten Frauen nach der Geburt die Blutzuckerwerte wieder normalisieren, sind Insulinspritzen zur Behandlung von Gestationsdiabetes nach der Schwangerschaft nicht mehr nötig.5 Natürlich sollte aber ein Absetzen des Insulins nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen.
Wie können Sie Schwangerschaftsdiabetes vorbeugen?
Zu den gängigen Vorbeugemaßnahmen gehören zum Beispiel:
- regelmäßige Bewegung
- meiden einer überdurchschnittlichen Gewichtszunahme
- ausgewogene Ernährung (mit viel Obst und Gemüse sowie wenig Kohlenhydraten)
Wissenswert ist an dieser Stelle jedoch, dass Frauen, die die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes erhalten, sich keinen Vorwurf machen brauchen. Denn es gibt keine Garantie dafür, dass die genannten Möglichkeiten der Vorsorge wirken. Der Stoffwechsel verändert sich nun einmal während der Schwangerschaft – und manchmal eben auch der Blutzuckerspiegel.