Während der Schwangerschaft bildet sich in der Gebärmutter die Plazenta. Dieses Organ hat zur Aufgabe, das Kind bis zur Geburt mit allem Notwendigen zu versorgen. Früher nahm man an, dass das Kind durch die Plazenta vollständig vor Wirkstoffen oder Giften aus dem mütterlichen Blutkreislauf geschützt sei.

Heute weiß man: Die Plazenta ist keine undurchlässige Schranke. Fast alle chemischen Stoffe gehen auch auf das Kind über.

Welche Folgen haben Medikamente in der Schwangerschaft?


Nimmt eine schwangere Frau Medikamente ein, wird das Baby also mitbehandelt.

Da das Ungeborene jedoch noch in der Reifung ist, wirken Medikamente ganz anders, als bei Erwachsenen – in manchen Fällen sogar schädlich.

Besonders kritisch ist die Einnahme von Medikamenten im ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Schwangerschaft ist hier noch sehr instabil, die Ausbildung von Nerven und Organen noch ganz am Anfang. Die Entwicklung des Kindes ist in dieser Zeit anfälliger. In der Spätschwangerschaft sind die meisten Medikamente weniger gefährlich.

Viele Wirkstoffe sind für Schwangere zu wenig erforscht


Die Entscheidung für oder gegen ein Medikament in der Schwangerschaft ist jedoch schwierig, denn es werden in Deutschland kaum klinische Studien mit Schwangeren durchgeführt. Die Wirkung vieler Medikamente auf den schwangeren Organismus ist nicht ausreichend erforscht. Außerdem sind die Auswirkungen auf das Baby individuell unterschiedlich.

Wissenswert: Bekannt ist bis heute der Fall Contergan® aus den frühen 1960er Jahren. Das Beruhigungsmittel mit dem Wirkstoff Thalidomid hatte zu Schädigungen an Armen und Beinen bei den Babys geführt. Die Ängste von werdenden Müttern sind daher verständlich. Dennoch muss die Einnahme von Medikamenten längst nicht solche schweren Folgen haben.

Die Entscheidung für oder gegen ein Medikament sollte eine schwangere Frau – selbst bei rezeptfreien Mitteln – niemals ohne einen ärztlichen Rat oder den eines Apothekers treffen.

Schwangerschaftskategorien für Medikamente


In Deutschland wurde für Medikamente eine Einstufung vorgenommen, um die Einnahme von Arzneimitteln in der Schwangerschaft besser abwägen zu können. Dafür gibt es die sogenannten Schwangerschaftskategorien G1 bis G10:

  • Dabei ist G1 die risikoärmste Klasse.
  • Bis G3 liegen ausreichende Erfahrungen vor, um Gefahren für das Kind weitestgehend auszuschließen.
  • Bei den Kategorien G4 bis G6 gibt es nicht genügend Informationen über die Auswirkungen auf die Schwangerschaft, um eine Empfehlung auszusprechen.
  • Ab G7 kann man von einem Risiko für Komplikationen oder Schädigungen ausgehen. Diese Arzneimittel sind für schwangere Frauen nicht geeignet.

Medikamente, die in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden dürfen


Folgende Medikamente und Wirkstoffe dürfen während und teilweise auch vor der Schwangerschaft nicht eingenommen werden:1

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RetinoideDieser Wirkstoff kommt beispielsweise in Mitteln gegen Akne vor. Er gehört zu den gefährlichsten Medikamenten für den Embryo und kann schwere Fehlbildungen verursachen.
SartaneEin modernes Medikament gegen Bluthochdruck. Es kann zu Fruchtwasserverlust und Entwicklungsschäden im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel führen.
ACE-Hemmer
Ebenfalls ein Bluthochdruckmedikament, das zu Hirn- und Nierenschäden führen kann.
ValproinsäureDas bekannte Epilepsiemittel wird mit Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht und erhöht das Fehlbildungsrisiko um das Drei- bis Vierfache.
Marcumar®
Ein Blutverdünnungsmittel, das geistige Schäden und Knochenverbiegungen verursachen kann.

Was tun bei Infekten, Fieber und Schmerzen in der Schwangerschaft?


Prinzipiell sollten Sie in der Schwangerschaft jede Medikamenteneinnahme vermeiden, die nicht notwendig ist. Arzneimittel gegen Husten und fiebrige Erkältungen sind oft nicht geeignet, das gilt insbesondere für Kombipräparate. Bei starkem Schnupfen können leichte Nasensprays über einen kurzen Zeitraum verwendet werden. Am besten greifen schwangere Frauen auf Nasensprays zurück, die auch für Säuglinge zugelassen sind.

Ein leichtes Fieber ist zunächst kein Problem. Steigt die Temperatur mehrere Tage in Folge auf über 38,5 °C sollten fiebersenkende Mittel in Erwägung gezogen werden. Das Mittel der Wahl ist häufig Paracetamol. Das Medikament kann übrigens auch bei Kopfschmerzen eingenommen werden, wobei Hausmittel stets zu bevorzugen sind.

Wissenswert: Schwangere Frauen dürfen bei bakteriellen Infekten bestimmte Antibiotika einnehmen, dazu gehört beispielsweise Penicillin.

Magen-Darm-Erkrankungen bekommen Sie mit Ruhe, viel Flüssigkeit und Schonkost meist nach ein paar Tagen in den Griff. Kommt Durchfall hinzu, sollten Schwangere eine Elektrolytlösung trinken, um ihren Mineralstoffhaushalt im Gleichgewicht zu halten. Bei sehr starkem Durchfall ist unter Umständen eine Behandlung mit Kohletabletten oder mit dem Wirkstoff Loperamid ratsam.

Informationen über Medikamente für Schwangere


Die Charité in Berlin betreibt das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie. Das öffentlich geförderte und unabhängige Institut erforscht die Verträglichkeit von Medikamenten in der Schwangerschaft.

Alle Informationen werden in einer Datenbank gesammelt, die das Institut auf der Website embryotox.de veröffentlicht. Hier können Sie die Wirkung von über 400 Arzneimitteln kostenlos abrufen. Zu jedem Medikament gibt es außerdem Hinweise, wie gut das Mittel bereits erforscht ist.

Die Website richtet sich in erster Linie an medizinisches Fachpersonal. Das Gespräch mit dem Arzt ersetzen die Informationen von Embryotox daher nicht.

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Barbara Ward Barbara Ward ist freie Autorin der Redaktion. Sie studierte Medienwissenschaften und Journalismus in Köln und Berlin. In Gesundheitsfragen kennt sie sich aus, denn sie schreibt schon seit vielen Jahren für Fachverlage, Medizin-Websites und Krankenversicherungen. Eine ausgewogene Perspektive und fundierte Recherche liegen ihr im Sinne der Leser besonders am Herzen. Barbara Ward Autorin kanyo® mehr erfahren